Ein kurzer Stop in der Zivilisation, und dann: Abflug

Fort Kochi: 19. – 20. November 2019

Nach einer entspannten zweistündigen Fahrt mit einem Reisebus á la deutscher Standard kommen wir in Kochi an – unser Abflugort und letztes Ziel in Indien. Angekommen am Busbahnhof in Kochi sehen wir einen sogenannten Prepaid Stand. In größeren indischen Städten gibt es diese häufiger, bereitgestellt von der Verkehrspolizei. Dort erhält man gegen eine winzige Gebühr (1-3 Cent) ein Ticket, auf dem der Endpreis für die eigene Fahrt vermerkt ist. Oder anders: das ist die einzige Möglichkeit für Touristen, den normalen Taxi-Preis zu zahlen. Wir steuern also direkt darauf zu. Aus der Ferne hat uns aber schon ein Rickshaw Fahrer entdeckt, ich nenne ihn mal Horst. Horst ruft uns von Weitem zu, ob wir ein Tuktuk brauchen, welches von mir (Alex) mit meinem mexikanischen „Nein“-Finger abgewunken wird. Der mexikanische „Nein“-Finger ist ein nach oben zeigend ausgestreckter Zeigefinger, bei dem die Fingerspitze wie ein Scheibenwischer hin und her wackelt. Beim Schalter des Prepaid Standes angekommen geben wir dem Schaltermann unseren Zielort durch. Er verweist desinteressiert auf Horst und wendet sich dem nächsten Kunden zu. Während Horst uns mit wilden Erklärungen erzählt, wie teuer die Fahrt sei (ein Preis, der uns viel zu hoch erscheint), versuche ich ein zweites Mal mein Glück beim Schalter. Nach kurzem Versuch, mich zu ignorieren und anschließend wieder an Horst zu verweisen, merkt der Beamte wohl, dass ich auf sein Ticket beharre. Wennˋs sein muss: der Beamte kassiert seine Gebühr und stellt mir ein Ticket aus. Horst hat mittlerweile schon ein, zwei andere Rickshaw Fahrer weitergeschickt und versucht, uns weiterhin für den dreifachen Preis zu befördern. Ist uns egal, wir steuern auf einen älteren Fahrer zu, der die Situation nicht ganz versteht und nach kurzer Diskussion dürfen wir dann mit dem nicht korrupten Rickshaw Fahrer für den korrekten Preis mitfahren. Solche Situationen passieren uns immer wieder in Indien. Eine weiter lustige Erkenntnis: Taxi Fahrer in Indien fahren grundsätzlich immer einfach erst mal los, ohne zu wissen wohin genau sie müssen. Es ist ein bisschen lustig mit anzusehen: Google Maps verstehen viele ältere Fahrer nicht, vieles geht nach Gefühl, kurzem Anhalten und Kollegen fragen oder auch einfach: Kunden absetzen und sagen: weiter weiß ich halt nicht.

Unser Guesthouse finden wir trotzdem. Es ist ein sehr schönes Haus mitten in Fort Kochi. Hier hat alles portugiesischen Einfluss, kleine Gassen, Balkone, viele Blumen. Eine ganz andere indische Stadt, als die wir bisher kennengelernt haben. Unsere Gastgeberin Jasmin (oder so ähnlich) erzählt uns bei der Ankunft viel darüber, wie sich Fort Kochi in den letzten 15 Jahren touristisch verändert hat. Anschließend begeben wir uns mit dem Bewusstsein „Oh nein, der letzte Abend in Indien“ auf die Suche nach einem Kochkurs, um ein bisschen was von der indischen Kochkunst mitzunehmen. Na gut, in erster Linie wollen wir richtigen Chai Tee selber machen können, um unsere Sucht auch in Deutschland befriedigen zu könne. Aber auch das indische Essen hat es uns echt angetan. Wir finden schnell mehrere Optionen, aber zeitlich am besten passt es uns bei Meera. Der Kochkurs ist noch am selben Abend. Wir entscheiden uns die Zeit bis dahin mit einer Erkundungstour durch den kleinen Küstenabschnitt zu überbrücken.

Die grüne Aussicht von unserer Terrasse
Auf der Suche nach der passenden Kochschule

Wir sehen, wo der Fisch auf Eis gelegt und mit LKWs verfrachtet wird. Menschen schaufeln tonnenweise Eisberge auf tonnenweise Fische. Wir kommen an einer anlegenden Fähre vorbei und wundern uns, wo die ganzen Autos, Motorroller und Menschen auf der kleinen Fähre Platz gefunden haben. Wir sehen unsere erste intakte und genutzte Strandpromenade in Indien. Viele Stände mit Kleidung, Essen und Schmuck sind aufgebaut. Darunter befindet sich auffällig viel China Ware, der Tourismus scheint in Fort Kochi wesentlich stärker kommerzialisiert zu sein. Ein anderes Beispiel: am Ufer sind chinesische Fischernetze aufgebaut, wir beobachten den effizienten handbetriebenen Fischbetrieb aus der Ferne. Möchte man direkt dabei sein, wird man um „Eintrittsgeld“ gebeten. Ich habe mich besonders gefreut, dass es am Strand Mango mit Chili gab.. Mhhhh wie in Mexiko! Mag sich für den ein oder anderen vielleicht merkwürdig anhören – dachte ich beim ersten Mal auch – aaaaber: in Mexiko gibt es alles mit Chili und Zitrone und (meistens) ist das auch ziemlich geil!

ich sehe FISCH, und er ist überall..
Fort Kochi besteht aus vielen kleinen Gassen und schönen portugiesischen Häusern. Schön, weil hier nicht so viele Rickshaws, Autos, Scooter reinpassen. 😉
Vor einigen Jahren wurde in Fort Kochi die Biennale ausgerichtet, die Überbleibsel sind viele tolle Straßenkunstwerke. Lieben wir!
ein riesen Thema in Indien, der Klimaschutz. Überall wird darauf aufmerksam gemacht, dass wir unsere Natur schützen müssen. Plastiktüten und Strohhalme sind längst per Gesetz verboten.
Mango mit Zitrone und Chilli, mhhhhh wie in Mexiko!

Unsere Cooking Class soll um 18:00 starten. Wir sind deutsch-pünktlich 10 vor da und die Vorbereitungen von Meera sind noch nicht ganz durch. Die Kochschule findet bei ihr zuhause statt, alles ist so privat aber dadurch nicht weniger professionell. Um unsere Wartezeit zu verkürzen, dürfen wir mit dem Großvater des Generationenhaushalts eine Bollywood Soap im Wohnzimmer anschauen. Wir verstehen kein Wort der Handlung, aber die Blicke und Hintergrundmusik sind eindeutig. Wir sind ziemlich gecatched und wollen fast gar nicht in die Küche, als es soweit ist. Meera erklärt uns professionell, wie man mit tausend Gewürzen, dem richtigen Mixverhältnis und Wissen richtig leckeres Essen zaubert. Wir kochen vier „Currys“ und backen bzw. braten unser eigenes Roti-Brot. Keine Ahnung, ob wir das schon mal erwähnt haben, aber die Brotauswahl in Indien ist RIESIG. Das Grundrezept scheint meistens mehr oder weniger gleich zu sein, aber dann kann Brot gebraten, frittiert, gebacken, .. werden und es schmeckt jedes mal anders. Unser Essen schmeckt uns nach den 2 Stunden kochen wirklich sehr gut und wir verschlingen alles ratzefatz in der Küche von Meera.

unsere Kreation: 4erlei Curry mit Reis und Chapathi. Mega, wir essen alles auf!

Unseren letzten Tag in Indien verbringen wir damit, uns die Füße zu vertreten. Wir laufen ins jüdische Viertel und der Weg ist hier wirklich das Ziel: es ist ein langer Spaziergang durch eine Handelsstraße. Hier stehen Händler mit säckeweise Hülsenfrüchte, Zwiebeln, Kartoffeln, Gewürzen. Wir fragen uns, ob Uncle Bens und Co hier einkaufen wie die Einheimischen. Irgendwann wandelt sich die Handelsstraße zum Kunstviertel. Wir plaudern mit Künstlern, schauen uns ihre Werke an und lassen sie uns erklären.
Das jüdische Viertel selber ist ziemlich öde. Eine lange Straße, tausend Händler – „no hassle“ steht auf den Fensterläden, das Gegenteil ist der Fall. Die Synagoge hat leider Mittagspause. Enttäuscht und k.o. setzen wir uns auf einen Spielplatz. Alex ergreift sofort die Chance und spielt mit zwei Einheimischen Teenies ein Brettspiel. Es ist schön zu sehen, wie einladend die beiden Jungs sind und wie viel Spaß es ihnen macht, Alex das Spiel beizubringen. Er ist ein Naturtalent, wird aber trotzdem Letzter. Schätze, er muss wohl wieder kommen, um zu üben.
Zurück in Fort Kochi finden wir für unsere letzte Stunde noch ein kleines Highlight: eine kleine familienbetriebene Bäckerei mit den leckersten Backwaren. Nach 3 Wochen indisches Essen ein Traum. Wir trinken Chai, essen Muffins, lachen mit dem Inhaber, lauschen Country Musik zu, die seine Onkel aus Australien mitgebracht haben, und decken uns für den Flug ein.
Mit dem Bus geht es Richtung Flughafen Terminal. Der Bus fällt häufig aus, wir haben aber Glück: nur eine kleine Motorpanne auf dem Weg zum Flughafen, kurze Pause und dann geht es weiter. Alles am Flughafen ist etwas anders: keiner kommt ohne Bordkarte in den Flughafen rein, der Wartesaal wurde nach draußen verschoben. Es fühlt sich an wie ein Hochsicherheitsgebäude, unsere Tickets werden 8 Mal gecheckt und abgestempelt. Wir geben unsere letzten Rupien aus Mangel zu Alternativen für das un-indischste Essen überhaupt aus (Burger King) und verlassen Indien. We will miss you und wir kommen sicher wieder!

ist das Kunst?
Hi
neue beste Freunde
Alex zockt die beiden ab…ööhhh bestimmt
der Kokosnussmann lief frühmorgens durch die Gassen und fragte, ob jemand seine Dienste benötigte. Unsere Gastgeberin hat eine große reifen Kokospalme im Garten stehen und wir dürfen beobachten, wie der Mann affenmäßig den Baum hochkraxelt. Die Kokosnüsse fallen wild vom Himmel.
Die familienbetriebene Bäckerei, in der wir am Ende unserer Reise unsere ganzen Rupies lassen. Mhhhhh lecker! Haben wir schon erwähnt, dass wir unsere Reise „Snacks around the world“ nennen?
das Hochsicherheitsgebäude von außen – wir wären dann soweit. Abflug!
Byebye Indien, es war uns wirklich ein Fest. Unsere Route war schön, wir haben viele Gespräche mit Einheimischen geführt, hatten tolles Essen, die großartigste Natur. Wir kommen wieder!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.