Ein kurzer Stop in der Zivilisation, und dann: Abflug

Fort Kochi: 19. – 20. November 2019

Nach einer entspannten zweistündigen Fahrt mit einem Reisebus á la deutscher Standard kommen wir in Kochi an – unser Abflugort und letztes Ziel in Indien. Angekommen am Busbahnhof in Kochi sehen wir einen sogenannten Prepaid Stand. In größeren indischen Städten gibt es diese häufiger, bereitgestellt von der Verkehrspolizei. Dort erhält man gegen eine winzige Gebühr (1-3 Cent) ein Ticket, auf dem der Endpreis für die eigene Fahrt vermerkt ist. Oder anders: das ist die einzige Möglichkeit für Touristen, den normalen Taxi-Preis zu zahlen. Wir steuern also direkt darauf zu. Aus der Ferne hat uns aber schon ein Rickshaw Fahrer entdeckt, ich nenne ihn mal Horst. Horst ruft uns von Weitem zu, ob wir ein Tuktuk brauchen, welches von mir (Alex) mit meinem mexikanischen „Nein“-Finger abgewunken wird. Der mexikanische „Nein“-Finger ist ein nach oben zeigend ausgestreckter Zeigefinger, bei dem die Fingerspitze wie ein Scheibenwischer hin und her wackelt. Beim Schalter des Prepaid Standes angekommen geben wir dem Schaltermann unseren Zielort durch. Er verweist desinteressiert auf Horst und wendet sich dem nächsten Kunden zu. Während Horst uns mit wilden Erklärungen erzählt, wie teuer die Fahrt sei (ein Preis, der uns viel zu hoch erscheint), versuche ich ein zweites Mal mein Glück beim Schalter. Nach kurzem Versuch, mich zu ignorieren und anschließend wieder an Horst zu verweisen, merkt der Beamte wohl, dass ich auf sein Ticket beharre. Wennˋs sein muss: der Beamte kassiert seine Gebühr und stellt mir ein Ticket aus. Horst hat mittlerweile schon ein, zwei andere Rickshaw Fahrer weitergeschickt und versucht, uns weiterhin für den dreifachen Preis zu befördern. Ist uns egal, wir steuern auf einen älteren Fahrer zu, der die Situation nicht ganz versteht und nach kurzer Diskussion dürfen wir dann mit dem nicht korrupten Rickshaw Fahrer für den korrekten Preis mitfahren. Solche Situationen passieren uns immer wieder in Indien. Eine weiter lustige Erkenntnis: Taxi Fahrer in Indien fahren grundsätzlich immer einfach erst mal los, ohne zu wissen wohin genau sie müssen. Es ist ein bisschen lustig mit anzusehen: Google Maps verstehen viele ältere Fahrer nicht, vieles geht nach Gefühl, kurzem Anhalten und Kollegen fragen oder auch einfach: Kunden absetzen und sagen: weiter weiß ich halt nicht.

Unser Guesthouse finden wir trotzdem. Es ist ein sehr schönes Haus mitten in Fort Kochi. Hier hat alles portugiesischen Einfluss, kleine Gassen, Balkone, viele Blumen. Eine ganz andere indische Stadt, als die wir bisher kennengelernt haben. Unsere Gastgeberin Jasmin (oder so ähnlich) erzählt uns bei der Ankunft viel darüber, wie sich Fort Kochi in den letzten 15 Jahren touristisch verändert hat. Anschließend begeben wir uns mit dem Bewusstsein „Oh nein, der letzte Abend in Indien“ auf die Suche nach einem Kochkurs, um ein bisschen was von der indischen Kochkunst mitzunehmen. Na gut, in erster Linie wollen wir richtigen Chai Tee selber machen können, um unsere Sucht auch in Deutschland befriedigen zu könne. Aber auch das indische Essen hat es uns echt angetan. Wir finden schnell mehrere Optionen, aber zeitlich am besten passt es uns bei Meera. Der Kochkurs ist noch am selben Abend. Wir entscheiden uns die Zeit bis dahin mit einer Erkundungstour durch den kleinen Küstenabschnitt zu überbrücken.

Die grüne Aussicht von unserer Terrasse
Auf der Suche nach der passenden Kochschule

Wir sehen, wo der Fisch auf Eis gelegt und mit LKWs verfrachtet wird. Menschen schaufeln tonnenweise Eisberge auf tonnenweise Fische. Wir kommen an einer anlegenden Fähre vorbei und wundern uns, wo die ganzen Autos, Motorroller und Menschen auf der kleinen Fähre Platz gefunden haben. Wir sehen unsere erste intakte und genutzte Strandpromenade in Indien. Viele Stände mit Kleidung, Essen und Schmuck sind aufgebaut. Darunter befindet sich auffällig viel China Ware, der Tourismus scheint in Fort Kochi wesentlich stärker kommerzialisiert zu sein. Ein anderes Beispiel: am Ufer sind chinesische Fischernetze aufgebaut, wir beobachten den effizienten handbetriebenen Fischbetrieb aus der Ferne. Möchte man direkt dabei sein, wird man um „Eintrittsgeld“ gebeten. Ich habe mich besonders gefreut, dass es am Strand Mango mit Chili gab.. Mhhhh wie in Mexiko! Mag sich für den ein oder anderen vielleicht merkwürdig anhören – dachte ich beim ersten Mal auch – aaaaber: in Mexiko gibt es alles mit Chili und Zitrone und (meistens) ist das auch ziemlich geil!

ich sehe FISCH, und er ist überall..
Fort Kochi besteht aus vielen kleinen Gassen und schönen portugiesischen Häusern. Schön, weil hier nicht so viele Rickshaws, Autos, Scooter reinpassen. 😉
Vor einigen Jahren wurde in Fort Kochi die Biennale ausgerichtet, die Überbleibsel sind viele tolle Straßenkunstwerke. Lieben wir!
ein riesen Thema in Indien, der Klimaschutz. Überall wird darauf aufmerksam gemacht, dass wir unsere Natur schützen müssen. Plastiktüten und Strohhalme sind längst per Gesetz verboten.
Mango mit Zitrone und Chilli, mhhhhh wie in Mexiko!

Unsere Cooking Class soll um 18:00 starten. Wir sind deutsch-pünktlich 10 vor da und die Vorbereitungen von Meera sind noch nicht ganz durch. Die Kochschule findet bei ihr zuhause statt, alles ist so privat aber dadurch nicht weniger professionell. Um unsere Wartezeit zu verkürzen, dürfen wir mit dem Großvater des Generationenhaushalts eine Bollywood Soap im Wohnzimmer anschauen. Wir verstehen kein Wort der Handlung, aber die Blicke und Hintergrundmusik sind eindeutig. Wir sind ziemlich gecatched und wollen fast gar nicht in die Küche, als es soweit ist. Meera erklärt uns professionell, wie man mit tausend Gewürzen, dem richtigen Mixverhältnis und Wissen richtig leckeres Essen zaubert. Wir kochen vier „Currys“ und backen bzw. braten unser eigenes Roti-Brot. Keine Ahnung, ob wir das schon mal erwähnt haben, aber die Brotauswahl in Indien ist RIESIG. Das Grundrezept scheint meistens mehr oder weniger gleich zu sein, aber dann kann Brot gebraten, frittiert, gebacken, .. werden und es schmeckt jedes mal anders. Unser Essen schmeckt uns nach den 2 Stunden kochen wirklich sehr gut und wir verschlingen alles ratzefatz in der Küche von Meera.

unsere Kreation: 4erlei Curry mit Reis und Chapathi. Mega, wir essen alles auf!

Unseren letzten Tag in Indien verbringen wir damit, uns die Füße zu vertreten. Wir laufen ins jüdische Viertel und der Weg ist hier wirklich das Ziel: es ist ein langer Spaziergang durch eine Handelsstraße. Hier stehen Händler mit säckeweise Hülsenfrüchte, Zwiebeln, Kartoffeln, Gewürzen. Wir fragen uns, ob Uncle Bens und Co hier einkaufen wie die Einheimischen. Irgendwann wandelt sich die Handelsstraße zum Kunstviertel. Wir plaudern mit Künstlern, schauen uns ihre Werke an und lassen sie uns erklären.
Das jüdische Viertel selber ist ziemlich öde. Eine lange Straße, tausend Händler – „no hassle“ steht auf den Fensterläden, das Gegenteil ist der Fall. Die Synagoge hat leider Mittagspause. Enttäuscht und k.o. setzen wir uns auf einen Spielplatz. Alex ergreift sofort die Chance und spielt mit zwei Einheimischen Teenies ein Brettspiel. Es ist schön zu sehen, wie einladend die beiden Jungs sind und wie viel Spaß es ihnen macht, Alex das Spiel beizubringen. Er ist ein Naturtalent, wird aber trotzdem Letzter. Schätze, er muss wohl wieder kommen, um zu üben.
Zurück in Fort Kochi finden wir für unsere letzte Stunde noch ein kleines Highlight: eine kleine familienbetriebene Bäckerei mit den leckersten Backwaren. Nach 3 Wochen indisches Essen ein Traum. Wir trinken Chai, essen Muffins, lachen mit dem Inhaber, lauschen Country Musik zu, die seine Onkel aus Australien mitgebracht haben, und decken uns für den Flug ein.
Mit dem Bus geht es Richtung Flughafen Terminal. Der Bus fällt häufig aus, wir haben aber Glück: nur eine kleine Motorpanne auf dem Weg zum Flughafen, kurze Pause und dann geht es weiter. Alles am Flughafen ist etwas anders: keiner kommt ohne Bordkarte in den Flughafen rein, der Wartesaal wurde nach draußen verschoben. Es fühlt sich an wie ein Hochsicherheitsgebäude, unsere Tickets werden 8 Mal gecheckt und abgestempelt. Wir geben unsere letzten Rupien aus Mangel zu Alternativen für das un-indischste Essen überhaupt aus (Burger King) und verlassen Indien. We will miss you und wir kommen sicher wieder!

ist das Kunst?
Hi
neue beste Freunde
Alex zockt die beiden ab…ööhhh bestimmt
der Kokosnussmann lief frühmorgens durch die Gassen und fragte, ob jemand seine Dienste benötigte. Unsere Gastgeberin hat eine große reifen Kokospalme im Garten stehen und wir dürfen beobachten, wie der Mann affenmäßig den Baum hochkraxelt. Die Kokosnüsse fallen wild vom Himmel.
Die familienbetriebene Bäckerei, in der wir am Ende unserer Reise unsere ganzen Rupies lassen. Mhhhhh lecker! Haben wir schon erwähnt, dass wir unsere Reise „Snacks around the world“ nennen?
das Hochsicherheitsgebäude von außen – wir wären dann soweit. Abflug!
Byebye Indien, es war uns wirklich ein Fest. Unsere Route war schön, wir haben viele Gespräche mit Einheimischen geführt, hatten tolles Essen, die großartigste Natur. Wir kommen wieder!

Where are my Crocodiles?

Alappuzah: 16. – 19. November 2019

Warum Alappuzah mal so heißt oder Alleppey haben wir bisher nicht ganz verstanden. Der Ort liegt an der Westküste im Süden Indiens und ist für seine Backwater bekannt. Unseren ersten Tag verbringen wir damit, den kleinen Ort zu erkunden. Wir spazieren zum ersten richtigen Supermarkt (mit funktionierenden Kühlregalen!) seit Ankunft in Indien, kaufen uns Haferflocken, Obst und Joghurt und freuen uns ein bisschen, endlich mal selber ein Frühstück „zuzubereiten“. Unser Hostel liegt am Strand, die Gegend gibt nicht viel her: viele Hotels sind (noch?) geschlossen, eine Strandpromenade besteht nur noch zu 30%, der Strand lädt nach Agonda auch nicht wirklich zum Schwimmen ein. Der Ort scheint nur noch von Backwater-Touren zu leben. Trotzdem finden wir ein paar Goldstücke, beispielsweise einen ziemlichen hippen Wagen, der Chai Tee in 1.000 Varianten verkauft. Da wir Chai Tee mittlerweile 3 Mal am Tag trinken und er definitiv den Kaffee ersetzt hat, feiern wir das Konzept und sagen dem Besitzer, sein Laden würde in Berlin wie eine Bombe einschlagen. Er sagt: erst mal probieren sie es in Amsterdam. Die Jungs wissen offenbar, wie der Hase läuft. Wenig später erklimmen wir einen Leuchtturm, genießen die kühle Briese in der Höhe, geben selbstverständlich wieder einige Selfies und schauen uns dann den Sonnenuntergang am Strand an. Eine gute Idee, finden auch alle Bewohner der Gegend. Der ganze Strand ist voll mit Familien, alle Generationen sind vertreten. Es wird gegessen, gelacht, gebadet, natürlich werden Fotos gemacht. Wir finden diese Sonnenuntergangs Tradition schön, beobachten das Gewusel und lassen in unserem liebsten Restaurant „Catamaran“ den Abend ausklingen. Hier gibt es Babykatzen und Kellner, die man einfach nur umarmen mag, so herzlich sind sie.

Chai Verkaufsstand – darf ich den mit nach Hause nehmen? Süßwaren packen die Leute hier ürbigens in große Plastik-Bottiche, damit sie nicht trocken werden. Sieht komisch aus, ist aber effektiv.
Der Leuchtturm von unten
Und die Aussicht von oben
Wäsche trocknet am Strand. Ob sie danach nicht wieder schmutzig und salzig ist? Wir werden es nie wissen..
Eine der vielen (doch etwas kitschigen) Kirchen hier. Hindu-Tempel gibt es wieder weniger im Süden Indiens.
Alex freut sich über die lustigen Konstruktionen der Locals
Buntes Treiben am Strand
Wir sitzen eine ganze Weile nur da und beobachten die Einheimischen
Sorry für alle Zartbeseiteten: das ist eine riesen Schildkröte, auf der 5 kleine Jungs rauf und runter gehüpft sind. Als wir sie entdeckt haben, sind die Kids etwas verschämt weggerannt. Die Schildi war schon tot, wir vermuten ein Hai oder so hat ihr die Flosse abgebissen. Traurig, so ein schönes, altes Tier tot am Strand liegen zu sehen : ( nach den Kids kam dann ein Hund, der sich noch ein Leckerli sichern wollte…scheint hier alles gelebte Natur zu sein
Um vom vorigen Bild wieder abzulenken: dies ist eine 2 Wochen alte Babykatze, die unser Lieblingskellner verwahrlost adoptierte und wieder aufpeppelt. Sie ist sehr süß und wenn sie groß ist, futtert sich alle Kakerlaken in Indien auf. Versprochen.

Den kommenden Tag machen wir eine Tagestour mit einer Gruppe Touristen durch die Backwaters. Wir lernen: Backwater sind keine Magroven sondern eine Gegend, die aus unzähligen Flussarmen und Seen besteht. Krokodile gibt es hier entgegen unserer Hoffnung leider nicht. : ( Auf den schmalen Streifen Land stehen (teilweise sehr schicke) Häuser. Die Dorfbewohner leben mit dem Fluss: sie waschen sich, ihre Wäsche, Geschirr. Sie verkaufen ihren frischgefangenen Fisch auf ihren Boten und transportieren sogar Möbelstücke von Besitzer A zu Besitzer B (wir sehen 2 schicke Doppelbetten auf einem 1 Meter breiten Kanu, sehr interessant). Viele scheinen mit der Fischerei und ihren angelegten Reisfeldern Geld zu verdienen. Die Tour ist ihr Geld wert, wir werden zunächst mit der öffentlichen Fähre rausgefahren, dürfen bei einer Dorfbewohnerin alle zusammen frühstücken. Es gibt indisch, ohne Messer und Gabel – etwas gewöhnungsbedürftig. Wir schauen alle nach links und rechts, greifen dann aber beherzt mit den Fingern zu. Dann fahren uns Dorfbewohner in ihren motorlosen 4-6 Mann Kanus durch die kleinen Flussarme. Während Kat das Dorftreiben beobachtet, interessiert sich Alex vor allem für den Anbau der Reisfelder und Häuser – alles liegt circa 0,5 – 1 Meter unter dem Flussspiegel. Warum das so ist, keine Ahnung. Aber Alex hört nicht auf zu fragen. ; ) Die Tour endet wieder auf der Terasse der netten Dorfdame, die uns zum Abendbrot Reis, Chapati und 4 unterschiedliche „Currys“ reicht. Es ist so lecker, dass sich keiner mehr darüber Gedanken macht, das Finger und Gesicht komplett mit Essen bedeckt sind. So gut!

Langsam und gemächlich fährt uns unser Bootskapitän durch die kleinen Flussarme
Die Dorfdamen sorgen fürs Abendbrot
Falls es von Interesse ist: so sieht ein Fuß ohne Spinnenbiss aus (links), daneben ein Fuß mit Spinnenbiss
Spaziergang mit Sonnenschirm. Auch den Einheimischen macht die Hitze zu schaffen.
Unser Bootsfahrer. Super Führung: There is House! There is Rice feld! There is Fisherman! Ahh…
Das Essen. Sieht nach nüscht aus, war aber extrem lecker! Wirklich.

Unseren lezten Abend wollen wir mit einem Bier ausklingen lassen. Das ist aber gar nicht so einfach: der Bundeststaat Kerala wird von einer kommunistischen Partei regiert. Offenbar erlaubt es der Kommunismus nicht, sich genüsslich eins hinter die Birne zu kippen. Möglicherweise verstehen die Inder den Kommunismus etwas anders als die Russen – da gibt es doch auch Wodka, oder nicht? In einer dunklen Spelunke kriegen wir dann doch Bier. Sicher hätten wir hier auch Waffen, sonstige Drogen oder Organe erhalten. Cheers!

Tee, echtes indisches Essen und Tee

Munnar: 14. – 16. November 2019

Nach 10 Stunden Zugfahrt kommen wir viel zu pünktlich in Bangalore an. „The train is always late in India“ sagte man uns noch vielversprechend in Hospet, und ja, der Zug war tatsächlich knapp eine Stunde zu spät abgefahren. Aber im Gegensatz zur Deutschen Bahn (und zu unserem Nachteil) hat es der indische Zugverkehr geschafft, die Verspätung mehr als aufzuholen. Wir wundern uns wie das bei 35 kmh Durchschnittsgeschwindigkeit überhaupt möglich ist. Was macht man um halb sechs in der früh in einer 11-Millionen Einwohner Stadt? Wir buchen uns in einen Wartesaal ein und vertrödeln die nächsten 3 Stunden, während wir indischen Männern beim Rotzen zuhören – das machen die hier wirklich gerne, ausgiebig und leidenschaftlich laut. In allen Klassen, der Smog muss ja irgendwie raus.

Wir fahren mit einer Rickshaw in einen Teil der Stadt, der laut Google Maps viele Restaurants bieten soll. Dort frühstücken wir in einem schicken Café und dürfen sogar unsere Rucksäcke den Tag über zwischenlagern. Den Rest des Tages spazieren wir von Cafés über verbotene Polizei-Areale (ups), durch Parkanlagen, zum nächsten Restaurant. Irgendwie auch ganz nett, so zwischen ganz normalen Häusern, Läden, „westlichen“ Restaurants. Irgendwann landen wir in einer Mall für Superreiche und können den Kontrast zum bisher kennengelernten Indien kaum begreifen. Von Prada über Gucci und Marken die Alex noch nie gehört hat ist alles vorhanden, der Ku Damm wäre stolz.

wir essen holländische Pancakes in Indien. Ob das sein muss? Eigentlich nein, war aber lecker. 😉

Unser Bus für die Weiterfahrt nach Munnar fährt dann aber wieder vom indischsten „Busbahnhof“ des Landes ab. Eine Straße, 100 Busanbieter, die meisten Busse transportieren statt Menschen eher Ambosse, ungekühltes Hühnerfleisch, Reis. Kiloweise Ware wird auf dem Kopf gestapelt, dann balancieren die Inder eine Leiter hoch auf das Busdach und befestigen die Ware mehr oder weniger solide. Der Geruch von totem Huhn zieht sich durch die ganze Gegend. Die Busfahrt ist dann aber vergleichsweise entspannt. Wir hüpfen in unserer Liege, fahren 14 Stunden durch die Berge und kommen gegen Mittag ziemlich erschöpft am Ziel an.

holprige Busfahrt durch die Berge – 14 Stunden Traumfahrt

Den Rest des Tages genießen wir dann auch nur noch die Aussicht von unserem Balkon, die Gastfreundschaft von unserem Host Thomas, und gehen früh ins Bett. Munnar ist ein kleiner Ort im Süden Indiens, mitten in den Bergen und bekannt für seine Teeplantagen und -verarbeitung. Am kommenden Tag fährt uns Anthony, unser Rickshaw Fahrer, von Plantage zu Plantage, wir riechen den Tee in der Luft und freuen uns über den grünen Kontrast zu der Felsengegend in Hampi. Anthony hat ziemlich gute Augen und erspäht sogar wilde Elefanten auf den Feldern – bitte was? Mit Bergziegen oder Kühen hätten wir hier gerechnet, aber dass riesen Elefanten die Teeplantagen leerfuttern ist ein ziemliches Highlight. Leider sehen wir keine Tiger, vielleicht aber auch ganz gut. Nach einigen Stunden erreichen wir die Spitze des Berges und sehen: nichts. Wir stehen mitten in einer Wolke, die uns die Sicht versperrt. Wir beobachten stattdessen Affen und indische Schulkinder, die scheinbar alle zusammen einen Wandertag machen (also: nur die Kinder, nicht die Affen) und lassen uns dann bergab mit der Rickshaw rollen. Anthony empfiehlt uns noch ein Restaurant, dass wohl unser erstes nicht-touristisches zu sein scheint. Das Essen hier ist saugünstig – ein All-You-Can-Eat-Menü kostet 1,20€ – und ist viel zu scharf. Angeblich aber nicht für den Mexikaner unter uns: der futtert die zwei Speisen genüsslich auf, hat aber am nächsten Morgen ein wenig mit seinem Magen zu tun.
Unsere Entscheidung, ob wir den Ort noch einen Tag länger erkunden wollen, wird uns von unserem Host abgenommen: es gibt kein freies Zimmer mehr. So machen wir uns am dritten Tag mal wieder mit unserem Lieblings-Fortbewegungsmittel, dem Bus, auf Richtung Küste nach Alappuzah.

Aussicht vom Balkon. Ein tolles Guesthouse mit sehr herzlichen Hosts.
Es zieht sich langsam zu. Bald stehen wir in einer Wolke.
Some Chai Tea, por favor?
Es riecht nach TEE!
Schööön!
Wo isser?
Wer will, wer hat noch nicht?
Women Power! Viele Frauen arbeiten hier wirklich harte Knochenjobs. Respect to all of you!
Kleine Verkaufsstände in der Nähe des Wasserdamms. Hier trinken wir den schärften Masala Chai Tee in Indien und tun, als störte es uns gar nicht. Innerlich aber: Ahhhhh. Nebenbei quatscht uns wieder ein sehr nettes indisches Pärchen voll. Sie erzählen uns, wie sie befürchten, dass die Natur nicht mehr lange so wunderschön in Indien ist – wenn wir nicht alle mehr Respekt gegenüber Mutter Natur zeigen würden. Es ist schön zu sehen, wie das Verständnis für den Umweltschutz immer mehr in den Köpfen der Menschen wächst.
Byeee tolle Aussicht
und Abfahrt – warten auf den Bus nach Alappuzah!

Freundliche Inder, Freaks und der Ohrenputzer

Also diese Inder quatschen einen ja ständig an. Gar nicht mal, weil sie etwas verkaufen wollen, sondern weil sie sich ernsthaft für uns/Fremde interessieren. Mehrfach am Tag werden wir gefragt, wo wir herkommen und wie wir heißen – die Namen werden sich gemerkt und falls man sich später zufällig wieder begegnet, können sie uns beim Namen nennen. Ein wahnsinns Gedächtnis haben die Leute hier. Selbst die kleinen Kinder haben diese zwei englischen Standardsätze schon von ihren Eltern abgeschaut („Where you from? Whats your name?“). Manchmal erzählen uns die Leute auch ein bisschen mehr, über alles mögliche: ihre Jobs, Meinungen über Politik, sehenswerte Orte oder fragen, was wir so tun. Immer wieder, besonders in (europäisch) untouristischen Gegenden wollen die Menschen auch Fotos mit uns und ihrer ganzen Familie („Selfie?“).

Eins von vielen „One Foto Please“

Hin und wieder kann das dann schon etwas ausarten, bis jetzt hatten wir aber noch keine größere Schlange. Wobei ich (Alex) die Idee habe, bei großer Nachfrage einfach indische Rupien für jedes Foto zu verlangen. Die Idee habe ich mir abgeguckt: in Hampi sehen wir immer wieder sehr traditionell gekleidete Inder (oranger Sari, viel Schmuck, das Gesicht traditionell bemalt – wie überzeichnete Hindu Karikaturen), die unbedingt wollen, dass du ein Foto mit Ihnen machst – anschließend bitten sie um eine „kleine Spende“ für ihre Religion. Ein Dorfbewohner erzählte uns lachend, dass diese Gestalten das Geld später in Bars verbrennen. Was die Inder können, können wir schon lange. Später in Fort Kochi finden wir die beiden auch auf einer Postkarte abgebildet… haha!

Undercover Foto 😉

Wie in jedem Land, trifft man natürlich ab und an auch etwas verrücktere Gestalten, die beispielsweise wollen, dass man Ihnen eine Briefmarke aus dem Heimatland schickt. Dummerweise lasse ich mich im ersten Moment immer gerne auf jeden Quatsch ein, also hat irgendein merkwürdiger Inder jetzt meine E-Mail Adresse.

Das „Highlight“ an Verrücktheit ist eine Begegnung in Hampi. Hier werde ich von einem Inder wieder mit den Standardfragen angequatscht: Wo komme ich her, wer bin ich. Mittlerweile antworte ich immer mit „Mexiko“; das lustige daran ist nämlich, dass viele noch nie von Mexiko gehört haben. „Ah yes Meriko!“. Der Typ weiß zumindest, dass dort spanisch gesprochen wird, er liegt mit der angeblichen Hauptstadt „Madrid“ aber ein paar Kilometer und Kulturen daneben. Dann zeigt er mir ein Büchlein, wo in verschiedensten Sprachen Kommentare zu seiner Arbeit stehen. Ich wunder mich schon, was ich da gerade lese, als er auflöst, dass er „Ohrenputzer“ sei. Er will sich nur kurz meine Ohren anschaue. Ich lasse mich selbstverständlich erst einmal darauf ein… dummdummdummdummdumm… Er schaut in mein linkes Ohr und sagt, dass es dreckig ist und schaut in mein rechtes Ohr und wiederholt, es sei dreckig. Achtung ab hier wird es etwas ekelhaft, ggf. nicht weiterlesen. Kat ist zu diesem Zeitpunkt schon viele Meter weitergegangen, zu spät also um mich aus der Situation zu retten.

Plötzlich spüre ich, dass der „Ohrenputzer“ irgendwas an meinem Ohr macht. Er holt mit einem Metall Ohrstäbchen (sieht laut Kat aus, wie eine große Metall Stricknadel) ein fetten Klumpen Ohrenschmalz aus meinem Ohr. Ich kann nicht glauben, dass er diesen riesigen dunkelbraunen klebrigen Schmalzhaufen aus meinem Ohr gezogen hat und vermute, dass er mir diesen Mist selber in das Ohr gestopft hat (wie die Münzzauberer!). Etwas panisch wende ich mich von dem Typen ab und sprinte in das nächste Restaurant, um mir die Ohren auszuwaschen. Dann laufe ich zum Hotelzimmer, immer noch im Stechschritt, um mir mit einem handelsüblichen Ohrstäbchen (und keiner verdammten Nadel) mein Ohr zu putzen. Alles wie immer. Nach wie vor habe ich die Befürchtung, dass der Typ mir etwas ins Ohr gestopft hat und es ggf. nach wie vor dort verharrt. Ich laufe zurück auf die Straße, um ihn zur Rede zu stellen. Der Ohrenputzer verspricht mir mit einer schwörenden Geste (indem er sich an den Hals fasst, dort wo uns auch der zweite rote Punkt im Tempel verpasst wurde), dass er nicht betrüge. Ich glaube ihm vorerst und hoffe die nächsten 48 Stunden, dass mein Ohr nicht abfällt.

Der Täter alias der Ohrenputzer

Hoch, höher, Bouldern in Hampi

Unser letzter voller Tag in Hampi startet früh und sportlich. Wir wechseln das Hotel, futtern Croissants in einer „alten deutschen Bäckerei“ (naja, eher die indische Variante) und gehen dann mit einem sehr lustigen und netten Inder klettern. Wir verstehen uns auf Anhieb sos gut mit ihm, dass wir vor lauter Quatschen nicht nach seinem Namen fragen. Er heißt Jerry, das konnten wir vor der Abreise dann doch noch klären. Jerry erklärt uns, warum die Inder morgens immer kleine Eimer Wasser auf den Gehweg schütten (gegen den Staub in der Luft) und warum viele Inder die Wege vor ihren Läden mit Mandalas bemalen (zu Ehren des „Geldgottes“ – damit das Geschäft gut läuft).

Die Gegend hier eignet sich perfekt zum Klettern und viele Besucher kommen ausschließlich, um an den großen Gesteinsbrocken zu bouldern. Jerry zeigt uns die besten Steine und Strecken zum Klettern und gibt uns Strategietipps. Bei der ersten blutigen Wunde sagt er lachend „No Pain, no gain“. Jaja, der hat leicht reden, wenn er da wie ein Streifenhörnchen von Stein zu Stein hüpft. Alex hält sich wacker und schafft nach einigen Anläufen auch die (wir nennen sie mal) „schwierigen“ Strecken. Kat fällt bei diesen eher wie eine tote Maus vom Stein. Ein paar Erfolgsmomente gab es dann doch ;-). Die Session macht wirklich viel Spaß und wir freuen uns, dass wir zur Abwechslung mal nicht in einer deutschen, nach Schweiß-riechenden Halle klettern waren. Die nächsten Stunden verbringen wir ruhig, genießen die Natur und verarzten unsere Kletterwunden.

es war wirklich SEHR hoch!

Der letzte Tag auf Hippie Island. Wir packen unsere Sachen für eine Reise zusammen, die über zwei Nächte geht: zunächst mit dem Nachtzug von Hospet nach Bangalore – geplant sind 11 Stunden Zugfahrt, Ankunft um 5:30 Uhr morgens in einer Millionenstadt. Anschließend wollen wir den Nachtbus nach Munnar zu nehmen. Die Fahrt soll angeblich nur zehn Stunden dauern (Spoiler: es werden 14 Stunden inklusive Buswechsel). Die erste Busfahrt war uns offensichtlich nicht schlimm genug. Wir hätten fliegen können, aber das hätte sich stark auf unsere CO2 Bilanz und den Kontostand niedergeschlagen. Im schlimmsten Fall schläft Katrin einfach zwei Tage nicht. Wir lassen unser Gepäck den letzten Tag in Hampi an der Rezeption liegen und gehen ein letztes Mal in der guten alten deutschen Bäckerei ein französisches Frühstück zu uns nehmen. Danach schlendern wir die Straße auf und ab und entdecken noch einige versteckte Winkel, Street Art an den Wänden und lustigeVögelchen. Kat macht bei einem der Straßenverkäufer einen Makramee Kurs, wir gehen noch einmal Paneer Butter Massala futtern und verabschieden uns dann von diesem sehr entspannten, schönen Ort mitten im Nirgendwo.

StreetArt auf Hippie Island
Ciao super 2te Unterkunft!
So entspannt auf der anderen Seite des Flusses
Und lecker isses aus!

200% Hindu an einem Tag

Am Morgen des zweiten Tags in Hampi treffen wir Alibaba, unseren Rickshaw Fahrer vom Vortag, der uns von Tempel zu Tempel fahren will. Hampi ist ein bekannter Pilgerort, 1500 v. Chr. hatte hier der Hinduismus seine Hochzeit. Wir sehen eine Menge Ruinen, davon sind sehr viele Tempel und ein Großteil davon auch heute noch in Gebrauch. Viele Tempel werden scheinbar in Schichten renoviert, teilweise sehen wir uralte Gemäuer mit neuen Dächern, ein merkwürdiger Anblick. Auf den Baugerüsten tummeln sich Affenfamilien, statt Bauarbeitern.
Nach unserem ersten Tempel-Stopp suchen wir am vereinbarten Treffpunkt Alibaba, aber finden nur einen sogenannten „Black Cobra“. Er sagt, er übernehme ab hier. Wir sind sehr skeptisch und vermuten zunächst, die Fahrer klauen sich hier gegenseitig die Kundschaft. Später stellt sich heraus, dass es einfach nur ein Fahrertausch war. Wir nehmen das Alibaba allerdings persönlich…Scherz.

Black Cobra!

Mit der Rickschaw von Black Cobra (und zwischenzeitlich mit seinem Sohn im Gepäck) fahren wir weiter. Wir lassen uns treiben, sind beeindruckt und verwirrt von der Vielzahl an Göttern. Wir betreten mit viel Respekt die Heiligtümer und versuchen hier und da Wandbilder nachzustellen (auf respektvolle Art und Weise!). Auf einem Berg kommen wir an einem kleinen Tempel vorbei, wo eine alte Frau im wunderschönen indischen Gewand steht. Sie bemerkt unsere neugierigen Blicke und bittet uns in „ihren“ Tempel. Mit Gestik und Mimik versucht sie uns zu zeigen, wie man sich im Tempel bewegt und den Göttern ehrt. Sie läutet Glocken, lässt Wasser über den Altar laufen und zündet Kräuter an. Die Hände werden wie ein Dach über den Rauch und anschließend ins Gesicht gehalten. Wir haben keine Ahnung, was sie tut – machen es ihr aber nach. Die Frau lächelt uns fröhlich und bestätigend an. Beim Verlassen des kleinen Tempels kommt Sie auf uns zu und hält dabei eine kleine Schale mit Farbpulver in Ihrer Hand. Wir erhalten das dritte und das vierte (?) Auge – einen roten Punkt zwischen den Augenbrauen und einen über dem Schlüsselbein. Das bringt gutes Karma, erklärt uns später Black Cobra. Wir fühlen uns noch touristischer, als zuvor, sind aber auch ein kleines bisschen stolz.

uns wird das Ritual des Tempelbegehens beigebracht, wir verstehen nur Bahnhof
Tanzende Göttinnen
Ich glaube, der hat Hunger. Ob Gott Hanuman ihm helfen kann?

Nach der dritten oder vierten Tempelruine (wir verlieren den Überblick) knallt langsam die Mittagshitze auf unsere Köpfe. Wir setzen uns in einen alten Tempel, um bei Wasser und Cashewnüssen Mittagspause zu machen. Das hört sich respektlos an, aber genau so machen es die Inder auch. Wir passen uns an.

ein Inder zeigt Kat, wie Kühe am liebsten gestreichelt werden. Wichtigste Lektion für heute!
Alex macht lieber Selfies mit blauhörnigen Kühen
Tempel Nummer 100
was tut er da…
Das hier war ein sehr kleiner Tempel mit einem ganz bequemen Vorgarten
Selfie mit einem indischen Gott
eins von vielen Selfies mit den Leuten hier

Der letzte Tempel, den wir ansteuern, strahlt im Licht der untergehenden Sonne golden. Affen, Streifenhörnchen und Papageien hüpfen auf Pyramiden-ähnlichen Türmen von A nach B und streiten sich um den besten Platz. Zwei große Stiere laufen gelangweilt durch die Gemäuer. Im Tempel wartet ein bunt bemalter Elefant, der von den Besuchern 10 Rupien entgegennimmt. Anschließend gibt er das Geld an seinen Besitzer weite und segnet den Besucher mit seinem Rüssel. Der Anblick ist komisch, Katrin freut sich aber so über den ersten Elefanten der Reise, dass sie sich ebenfalls segnen lässt. Das schlechte Gewissen kommt sofort – ob der Elefant hier artgerecht gehalten wird, ist mehr als fragwürdig. Der Elefant tut ihr leid, uns sie streichelt noch eine Weile seinen Rüssel, bis sich andere Touristen dazwischen drängen. Wir sind müde und geschafft und eilen zu unserem Boot. Wir haben Glück: die angeblich letzte Fähre ist längst nicht die letzte, und wir dürfen zurück in unser Hippieparadies.

Gold, gold, gold
Der Elefant ackert den ganzen Tag, um uns alle heilig zu sprechen. Er tut mir sehr leid, ich hoffe er bekommt für die Einnahmen viele Bananen und Freilauf.
und ein kitschiges Pärchen Selfie zum Schluss!

Endlich geschafft: Hampi

Hampi – 9. – 12. November 2019

In der Nacht von Freitag auf Samstag verlassen wir unser Strandpardies und warten in Chaudi zwischen vielen Hunden und Kühen auf den Nachtbus nach Hampi. Die Hunde sind Nachts wie Türsteher, sie passen auf, dass die Kühe nicht zu nah an die Geschäfte gehen und irgendetwas beschädigen. Dabei laufen die Hunde blind und in Rage über die Hauptstraßen und es kommt wie es kommen muss: ein Hund wird vor unseren Augen angefahren. Alle Hunde aus der Nachbarschaft jaulen und weinen, einige Inder kümmern sich um den verletzten Hund. Die Situation ist schlimm, wir wissen nicht wie und ob wir helfen können.

Warten, warten, warten..

Der Bus kommt eine Stunde verspätet und wir steigen verstört und traurig in unsere Schlafkabine. Diese Schlafbusse scheinen eine Touristenabzocke zu sein, überall nur weiße Gesichter. Wir erhalten ein Doppelbett aus den 80ern, direkt unter der lautstarken Klimaanlage. Wir hüpfen die ganze Nacht über Schlaglöcher auf und ab, das alles bei gefühlten minus zehn Grad. Wer den Moment verpasst, erhält keine Decke vom Busfahrer. Alex erfriert trotz Fließ- und Regenjacke fast und wird kreativ. Er baut sich aus Handtüchern, Strandtüchern und dem eigenen Rucksack einen Cocon. Nach einer Höllen-Busfahrt kommen wir nach zehn Stunden holpriger stop and drive and stop and … Fahrt in Hampi an (ok, ok: Katrin übertreibt leicht, Alex hat die meiste Zeit geschlafen. Kat leider gar nicht). Hampi begrüßt uns bei 35 Grad und Sonnenschein. Wir hüpfen schnell zu Alibaba in seine Rickschaw und lassen uns zum Flußübergang bringen. Hier essen die Bootsleute gerade zu Mittag, aber wir finden neben einigen Leidensgenossen aus dem Bus ein schattiges Plätzchen zum Warten. Das Boot bringt uns für 20 Rupien, manchmal 50 Rupien oder auch mal für eine halbe Niere rüber zur „Hippie Insel“. Der Name hat sich in den 90ern entwickelt, als sich viele Hippies in Goa versammelten. Mittlerweile bleiben die Hippies aus, der Ort ist zu teuer geworden. Unser Hotel ist so schäbig, dass wir diesen Teil einfach auslassen.
Den Rest des Tages erkunden wir mit einem geliehenen Motorrad die wunderschöne Natur. Kat fährt mehr oder weniger professionell zum ersten Mal in ihrem Leben eine Honda im Linksverkehr und Alex lässt sich seine Todesangst gar nicht anmerken. Warum er so oft darauf hinwies, die Füße nicht zum Bremsen zu benutzen… keine Ahnung! Wir steigen hoch zum Monkey Tempel, um zwischen kackfrechen Affen (sie rennen wie Stiere auf Touristen zu, bis diese ihr Proviant panisch wegwerfen – die Affen fangen das Futter dann perfektioniert wie Baseballspieler. Echt verrückt), vielen Indern und wenigen Touristen den Sonnenuntergang zu genießen. Alex freundet sich mit zwei kleinen Machos an, wir glauben die beiden hängen hier oben ab, um Frauen kennenzulernen. Ein Affe setzt sich zwischenzeitlich auf Alex Bein, macht eine Verschnaufspause und schaut sich die Besucher seines Tempels an. Kat wäre bei dem Köperkontakt hochkant vom Berg gesprungen.

Unser Gefährt. Die Tacho Anzeige funktionierte nicht aber wir sind uns ziemlich sicher wir sind mindestens 30 kmh gefahren 😉
Die zwei kleinen Aufreißer
Alex beschließt, ein Affe zu sein und auf Steine zu klettern.
ein echtes Äffchen beobachtet währenddessen den romantischen Sonnenuntergang
Viele Steine und ein Alex
Nach ca. 600 Stufen wird erst mal die Aussicht genoßen
Der Affentempel auf der Spitze des Berges
Yep, auch er hats nach oben geschafft!
Und der Sonnenuntergang. Handy Kamera hat davon nicht besonders viel eingefangen leider

Der zweite Stopp: Urlaubsfeeling.

Agonda: 5. – 8. November 2019

Agonda erreichen wir mit dem Taxi Driver von Remo, einem netten Ex-Berliner, den wir in Leos Guesthouse kennengelernt haben. Nach Agonda dauert es rund zwei Stunden mit dem Auto, offenbar aber etwas zu lange für den Driver. Der spielt mit uns nämlich Mario Kart, räumt die Straßen von Mofas leer, ist Geisterfahrer und hat vor allem Spaß daran, die Bremsen seines Autos auszutesten. Ziemlich durch den Wind und vollgepumpt mit Reisetabletten kommen wir im kleinen Agonda an. Das Dorf besteht aus einer Straße, die gefühlt ausschließlich auf Tourismus abzielt. Unsere erste Unterkunft sehen wir und.. machen wieder kehrt. Merke: Booking.com =/= Reality. Wir finden kurzfristig was schönes neues und erkunden die Gegend. Der Strand ist schön, es ist nicht viel los. Viele Touristen sind wegen des Wetters nicht gekommen: ein Zyklon war vor wenigen Tagen an der Küste, ein weiterer steuert gerade an. Uns macht das nichts, wir erleben das lauteste Gewitter unseres Lebens und freuen uns über die Abwechslung des Wetters. Der Ort ist alles in allem schön, um runterzukommen. Wir schwimmen, essen und schlafen – so darf es erst mal bleiben.

Kuh Gang auf den Straßen Agondas
Hi du bist super süß
Wir wohnen in „Fusion“ und es ist schöner als das Festival.
Essen! Alex Bewertung: sehr chillig, bis auf die rote Goan Soße – bisschen wie Sambal Olek. Ihgitt.
„Love Bites“, unser Place to be während der Mittagshitze.
Die Polizei sorgt für Recht und Ordnung und reißt ohne Vorwarnung Unterkünfte ein, die zu weit in den Strand reichen. Bewaffnet mit Bambusstöckern und Tränengas. Wow.
Es sieht nach nichts aus aber es war mit Abstand das leckerste Frühstück aller Zeiten! Porridge mit Banana und indischen Gewürzen. Dazu Masala Chai..mhhh!
Strand, Dschungel und Gesteinsformationen
Daniel guck mal, der passt sogar in euer Aquarium!
Ja hier gefällt’s mir!

Das ist also dieses Indien

Panjim: 2. – 5. November 2019

Die ersten zwei Tage benötigen wir, um uns zu akklimatisieren, den Schlaf nachzuholen und die ersten Eindrücke richtig verarbeiten zu können. Die Menschen hier sind viel weniger aufdringlich als gedacht, das Essen moderat scharf, der Verkehr und das Hupen hält sich in Grenzen. Kommunikationsschwierigkeiten gibt es trotz Englisch ziemlich viele – so sind wir am ersten Tag über die indische Autobahn spaziert, weil wir dachten das wäre der richtige Weg. Gestört hat das aber keinen, wir haben uns in die Kuhherden eingereiht und irgendwann den Busbahnhof erreicht.

Kühe auf der Autobahn – ganz normale Verkehrsteilnehmer.
Wo zum Teufel sind wir..
Wir werden noch ganz viele von deinen Geschwistern sehen, hurrah!

Unser Ziel ist die Stadt Panjim, tatsächlich sind wir aber schon vor Ort. Weil wir das nicht wissen, fragen wir ein paar Locals, die uns in irgendeinen Bus nach Panjim setzen – was streng genommen keinen Sinn machte. Naja, wir werden schließlich am anderen Ende von Panjim rausgeschmissen, wo wir immerhin einen Geldautomaten finden, der auch Geld hatte. Gar nicht so einfach in Indien. Mit einem TukTuk geht es dann zurück zum Busbahnhof, um danach unser wirkliches Ziel anzusteuern: eine Spicefarm Nähe Ponda

Im Bus sitzen zwei Belgier, Mutter und Tochter, die sich uns anschließen und uns mit vielen Tipps für Indien versorgen. Die Spicefarm ist der Inbegriff des Massentourismus, scheinbar werden hier auch viele Kreuzfahrt-Touristen abgesetzt. Alles geht zackzack: wir bekommen zur Begrüßung einen Ingwer-Lemongras-Tee, anschließend eine – wie Alex sagt – miniminiwürstchen Tour zu den verschiedenen Gewürzen der Farm. Nelken, Zimt, Loorbeerblätter, Kaffee (ok, kein Gewürz, aber gab es dort auch), Curcuma, Cashew und Allspices. Das letzte sind Blätter von einem Strauch die nach vier verschiedenen Gewürzen schmecken und riechen, praktisch. Danach werden wir in einen riesen Saal geführt, wo ein All you can Eat Buffet auf uns wartet – wir schätzen, darum kommen die Leute in Wirklichkeit hierher. Alex Essen ist inklusive Menschenohr, vielleicht war es auch nur ein Schweineohr… er glaubt es zumindest ganz fest.

Starfruit aus Leos Garten – besser als jede Spice Farm

Auf dem Weg nach Hause machen wir noch Halt in Old Goa: die letzten Überbleibsel der Hochzeiten Goas im 17./18. Jahrhundert, bis alle möglichen Krankheiten die Einwohner zum Verlassen der Stadt zwangen. Hier wartet eine Kirche nach der nächsten auf uns. Insgesamt fühlt sich der Tag nach irgendwie nach Abhaken von Touri-Must-Sees an, das richtige Gefühl für die Gegend kommt noch nicht auf. Wir fallen platt ins Bett und holen den Schlaf der letzten zwei Tage nach.

Die größte Kirche Asiens – angeblich

Am dritten Tag lassen wir uns treiben und laufen planlos durch Panjim, die Hauptstadt Goas. Endlich haben wir das Gefühl, in Indien zu sein. Viele Menschen, Hunde, Autos, Mofas, viel Lärm und Gehupe. Wir freuen uns auf einen richtigen Kaffee (der im Guesthouse ist irgendetwas zwischen Wasser, Zucker und Milch) und trinken erst mal … einen Lassi. Naja, hatte sich dann so angeboten. Unser Weg führt uns weiter durch belebte Straßen, eine große Markthalle mit vielen bunten Blumenketten, unbekanntes Gemüse und Obst, wir spazieren durch eine große Parkanlage direkt am Meer, finden dann doch einen sehr guten Kaffee und machen uns gestärkt in Richtung Strandabschnitt auf. Das erste Mal Strand während unserer Reise. Und das erste Mal: Selfies, Selfies, Selfies. Die Inder finden uns lustig, machen Fotos von und mit uns. Wir lassen uns drauf ein und nehmen uns vor, es wie unsere liebe Zimmernachbarin Uta zu machen: in Deutschland Selfies mit Indern zu machen. Den Sonnenuntergang am Strand verpassen wir knapp, können aus unserem Bus aber beobachten, wie sich die ganze Stadt rotorange färbt. Schön! Jetzt können wir es kaum noch erwarten, bald nach Agonda aufzubrechen, einer Strandregion im Süden Goas und unser 2ter Stopp.

Street Art in Panjim City
Hi wir sind in Indien!
Während unserer Ankunft wurde das Hindu Fest „Dawali“ gefeiert – das Lichterfest, so wichtig wie bei uns Weihnachten. 10 Tage lang wird jeden Tag ein anderer Gott geehrt.
..und die ganze Stadt war so schön beleuchtet!

Indien in Bildern

Wir haben unser Herz ein bisschen in Indien verloren. Wir vermissen jetzt schon die kuscheligen Kühe, das bunte Treiben, die fröhlichen und herzlichen Menschen, das unfassbar gute Essen, den täglichen Massala Chai-Tee, die riesigen Flughunde, das tolle Wetter, die Natur, die Kultur, das Leben dort. Wir können es allen nur ans Herz legen, Indien zu bereisen und werden viel gutes berichten von diesem neuen Lieblingsland.