Als wir noch in Asien waren wurden wir bereits gefragt, ob wir auf einen Tagesausflug nach San Miguel de Allende mitkommen wollen. Klar, wieso nicht! San Miguel ist rund 4 Stunden entfernt, so dass wir um 6 Uhr aufstehen müssen, weil der Bus bereits um 7:30 Uhr losfährt. Schlaftrunken wird noch ein Brötchen geschmiert und im Taxi gefuttert. Zum Glück gibt es beim Bus einen Kaffeestand. Wir steigen also in den Reisebus und begrüßen ganz freundlich die Rentnergemeinde. Hurrah, wir sind auf unserer ersten Kaffeefahrt! Ich weiß ja nicht, wann ihr eure erste Kaffeefahrt mitgemacht habt… naja, wir sind jetzt beide über 30, irgendwann ist ja immer das erste mal. Alex Cousine, Cousin, Cousin, Cousin, Tante, Tante, Tante, Onkel, Onkel und Mama sind auch mit dabei. Der Busfahrer scheint etwas schadenfroh und statt uns schlafen zu lassen macht er in voller Lautstärke ein romantisches Drama über einen Schwan an. Bevor wir in San Miguel ankommen, werden wir bei einer archäologischen Stätte außerhalb rausgeschmissen. Ein Tourguide wandert mit unserer Rentnergemeinde von einer Ruine zur nächsten und erklärt uns die Hintergründe der Stätte. Nach der Tour wird schnell klar, dass uns am eigentlichen Ziel „San Miguel“ nicht viel Zeit bleibt. Vor allem, weil die Mexikaner vorher natürlich alle noch eine Sache tun wollen: nämlich essen, ist ja klar. Statt eine Stulle aufe Hand zu kaufen, kehren wir alle für fast eine Stunde in einem Restaurant ein. Ok, das Essen war gut – es gab einen steinernen Krugtopfdings (Molcajete) voll mit Fleisch, Fleisch, Fleisch, Garnelen und ein bisschen Gemüse – aber nun bleiben uns noch genau 40 Minuten bis zur Rückreise. Wer hätte gedacht, dass Kaffeefahrten so gehetzt sein können. Wie in einem Action Game sprinten wir die letzten Minuten durch die Gassen, schauen uns die große Kirche der Stadt von Innen an und werfen uns fast 20 Minuten zu spät in den Bus – weil wir uns verlaufen haben.
Am sechsten Tag in Mexico City schauen wir uns das Frida Kahlo Haus an – Alex Mama, Norma und Pati sind auch mit im Gepäck. Gestärkt mit Tacos de Canasta (die einzigen Tacos, die klassischerweise auch vegetarisch mit Kartoffeln oder Bohnen angeboten werden) und alten Churros erkunden wir das blaue Haus von Frida Kahlo. Das Haus ist wirklich sehr schön, bunt und interessant, im Grunde bewegt man sich ja gar nicht in einem klassischen Museum sondern tatsächlich im Haus von Frida und ihrem Ehemann. Insbesondere die bunte Küche dient uns als Inspiration für eine kleine Renovierung, sobald wir wieder in Deutschland sind. Den Rest des Tages vertrödeln wir in der Innenstadt, in der wir ursprünglich nur kurz was umtauschen wollen, am Ende aber an irgendwelchen Straßenständen bei Sopes und Hot Cakes hängen bleiben.
Am Donnerstag machen wir die erste Free Walking Tour unserer Reise. Wir lieben diese Art der Führungen und entscheiden uns prinzipiell immer für etwas alternativere Touren, weil man Kirchen und Stadthistorie auch auf Wikipedia nachlesen kann. Unser Tourguide heißt Rodrigo und er zeigt uns heute die Stadtteile Doctores und Roma. Wir sind die einzigen Teilnehmer, so dass es sich anfühlt wie ein Spaziergang mit einem Freund durch die Stadt. Wir beginnen die Tour mit einer kleinen Meditations- und Atemübung, um unser Bewusstsein und die Sinne aufeinander einzustellen – genau der spirituelle Krams, den Kat super findet! Rodrigo klärt uns über politische und soziale Aspekte der Gegend auf, zeigt uns insbesondere Graffiti und Kunst auf den Straßen, sowie verschiedene Architektonische Stile. Das Ende unserer Tour führt uns an der Arena Mexiko Citys vorbei, wo wir kurzerhand entscheiden, zwei Tickets für den Lucha Libre Kampf am Abend zu kaufen. Insgesamt ist es eine wirklich tolle Tour, die wir auf Trinkgeldbasis sehr hoch entlohnen. Nach vier Stunden sind wir aber auch froh, dass die Tour vorbei ist und wir endlich unseren ersten Kaffee des Tages trinken können – Alex hat bis dato nicht mal Wasser, geschweige denn Frühstück intus. Rodrigo empfiehlt uns noch ein Café in der Nähe und geht dann seiner Wege. Wir ruhen uns bei einem leckeren Cappuccino aus und machen uns dann auf die Suche nach Essen. Wir finden einen sehr coolen, veganen Straßenstand und für Alex Tacos einen Stand weiter. Wir verabreden uns spontan auf ein Bier mit Laura, Alex Cousine, und ihrem Mann für den Abend und streunern bis dahin noch ein wenig durch den Stadtteil la Roma bzw. la Romanita. Schließlich warten wir auf die beiden in einem Hipster Bio Café, wo sich in der heißen Schokolade eine tote Kakerlake befindet… ja, richtig gelesen… Laura und Will retten uns aus dem Café, und wir trinken „auf die Schnelle“ ein Bier – wir müssen ja noch zum mexikanischem Wrestling! Die Arena ist von Außen nicht mehr wiederzuerkennen: überall Menschen und davon viele, rundherum stehen Stände, die Lucha-Masken oder Snacks verkaufen, Essensverkäufer – alles da! Die Show ist super, lustig und ein bisschen absurd. Wir sehen zwei Frauengruppen à 3 Wrestlerinnen, viele muskelbepackte Mexikaner in den engsten Glitzershorts und den Star des Abends: Misterio! Nach einigen wilden Sprüngen, Schlägen und Stunts ist der Kampf plötzlich vorbei, und wir so… hmmm mehr! Nächstes Mal dann.
Am Samstag werden wir wieder von Alex Tanten zu einem Tagestrip eingeplant, dieses mal „Desierto de los Leones“, eine Waldgegend in der ein Jahrhundertaltes Kloster steht. Obwohl wir nach unserem kleinen Wrestling-Ausflug ausschlafen wollen und gemütlich von Norma zubereitete Molletes frühstücken, steht plötzlich Estella, eine weitere Tante von Alex, mit ihren zwei Söhnen vor der Tür. Wir bekommen fünf Minuten zum fertigmachen und lassen uns dann zum Kloster fahren. Dort trennen sich unsere Wege direkt, weil die Mexikaner selbstverständlich erst essen müssen. Wir geben uns in der Zwischenzeit eine kleine geführte Tour durch das Mönchskloster. Es ist groß, kalt und die Gärten sehr hübsch gestaltet. Von der Tour selber versteht Kat allerdings nur jedes 10te Wort, die Tourfrau quatscht einfach viel zu undeutlich. Nach der Tour treffen wir auf viele weitere Mitglieder des Alex-Clans und schlendern noch ein wenig durch das Kloster und die Waldgegend drum herum. Die Gegend ist schön und vor allem ruhig, nach den letzten Tagen in der Hauptstadt tut der Waldgeruch gut. Wir spazieren einen Fluss entlang zu einem kleinen Stausee, wo einige Enten und Gänse wohnen. Eine Gans ist seeehr zutraulich (oder hungrig) und verfolgt einzelne Personen der Gruppe, versucht den Hundeblick und lässt sich sogar streicheln. Auf dem Weg zurück in die Millionenstadt entscheiden Alex Cousins, uns noch eine mexikanische Spezialität zu zeigen: Pozole. Das ist eine Suppe auf Tomatenbasis, mit ordentlich Mais, Eisbergsalat und wahlweise Huhn drin. Schmeckt gut, aber eigentlich kann sich Kat kaum auf ihr Essen konzentrieren. Die Jungs trinken nänlich alle das wohl ekelhafteste Getränk, was sie jemals gesehen hat: Michelada, das ist Bier mit Limetten- und Tomatensaft, Maggi und mehreren Chili Saucen, der Bierkrugrand wird mit Chili und Salz dekoriert. Na dann, Prost!
Sonntag ist Brunchtag, und das tun wir heute im Chapultepec – das ist ein wirklich riesiger Park mitten in Mexiko City. Wir treffen einige Tanten und Cousinen von Alex und futtern uns mit ziemlich gutem (und teurem) Essen die Bäuche kugelrund, direkt am Parksee. Der See liegt praktisch, nach dem Essen kugeln wir mit unseren Bäuchen erst einmal drum herum. Der Alex Clan verabschiedet sich nach dem kleinen Spaziergang von uns, wir wollen aber noch die anderen Highlights des Parks sehen. Wir schaffen: Ein Schloss inklusive Museum, Zoo, Anthropologie-Museum. Ja, und das sind nur EINIGE der Attraktionen im Park. Auf den Hauptwegen des Parks stehen viele Verkäufer, die Stimmung ist ausgelassen, alles wirkt wie ein riesen Freizeitpark mit den wirklich unterschiedlichsten Attraktionen. Der Berliner Tiergarten stinkt dagegen total ab. Nach ganz viel Kultur (und einem sehr kurzem Zoo Besuch, da viel zu voll und auch wenig artgerecht) landen wir bei über 20.000 Schritten. Für heute soll das reichen, der Kopf raucht ja auch schon.
Die letzten vier Tage unseres Aufenthalts in Mexiko City nutzen wir hauptsächlich für Orga Themen. Wir planen unsere Route für die letzten 2,5 Monate der Reise, buchen unseren Rückflug nach Deutschland Ende März (..traurig) und eine All Inclusive Unterkunft für die letzten Tage im März (weniger traurig ). Damit wir zwischendurch bei Laune bleiben, futtern wir Süßkram von leckeren mexikanischen Bäckereien, schnacken mit Norma oder kuscheln mit Momo, Toto und Sully. Wir probieren außerdem ein 4D Kino aus: was zum Teufel? Es gibt Blitze, Wind, Nebel, die Sitze bewegen sich. Nur das Wasser fehlt. Da fällt es schwer, sich so richtig auf Star Wars zu konzentrieren. Außerdem macht Alex seinen Führerschein – und das alles in wenigen Stunden. Man muss nur ein ausgefülltes Dokument zum mobilen Bürgerbüro im Walmart bringen, kurz bestätigen, dass die Straßenregeln im Kopf sind und BAM, Vorsicht auf allen Straßen, Alex darf nun offiziell ans Steuer! Zu Alex Omi fahren wir dann doch lieber mit dem Bus. Hier verteilen wir Geschenke aus Asien für den Rest der Familie (Alex Rucksack ist mittlerweile angekommen) und verabschieden uns schon mal vom ersten großen Teil der Familie. Den letzten vollen Tag kriegt Alex dann noch einen Kurzhaarschnitt mit Vollbartstyling. Weil Alex jetzt aussieht wie ein Berliner Hipster, trauen wir uns auch auf einen Spaziergang durch Condesa, den hippen Stadtteil in Mexiko City. Unser Abschiedsdinner findet bei Pati und Jorge statt, Norma und die Doggys gesellen sich auch dazu. Lustige Anekdoten, Flintstones, Wein, Tacos und Nirvana aus den Boxen – ein richtig schöner letzter Abend in Mexico City zwischen einer richtig lieben Familie.
Eine Sache haben wir in unserem Orga-Wahn die letzten Tage dann doch nicht geschafft, und zwar die Weiterfahrt nach Acapulco zu organisieren. Etwas planlos fahren wir nach genügend Schlaf zur Busstation und siehe da, wenige Minuten später fährt ein Luxus Bus in die richtige Richtung. Wir geben ein halbes Vermögen aus, dürfen dann aber auch in der VIP Lounge sitzen – für 3 Minuten. Dann geht es auch schon los, und fünf ziemlich entspannte Stunden später sind wir in der Touri-Hochburg Acapulco angekommen.